Das generalisierende Personalpronomen man

Das unflektierbare Pronomen man dient der unspezifischen, generischen (geschlechtsneutralen) pronominalen Bezugnahme auf Personen. Es tritt nur in der Funktion des Subjekts auf, in den ubrigen syntaktischen Funktionen treten die Formen einem, einen hinzu.

andere Bezeichnungen und Zuordnungen:

In vielen Grammatiken wird man den Indefinit-Pronomina zugeordnet. Dagegen spricht aber unter anderem, dass im Unterschied zu diesen Indefinit-Pronomina aufeinanderfolgende Vorkommen von man auf denselben Referenten bezogen sein konnen, d. h. kontextuell eingebundenes man kann wie Personalpronomina definit referieren.

Generalisierendes Personalpronomen:

Fur ein Qualifizierungsprogramm braucht man eine Arbeitserlaubnis, die man nur bekommt, wenn man eine Arbeit vorweisen kann. [taz, 2.1.1991]

Wenn man das Leben auf das reduziert, was man braucht, ist es nicht mehr lebenswert. [taz, 14.1.1993]

Indefinit-Pronomen:

*Fur ein Qualifizierungsprogramm braucht jemand eine Arbeitserlaubnis, die jemand nur bekommt, wenn jemand eine Arbeit vorweisen kann.

Die Moglichkeit der generischischen Bezugnahme ist nicht nur bei man gegeben, sondern auch bei anderen Personalpronomina. Eine Zuordnung von man zu den Personalpronomina ist daher naheliegender als die Zuordnung zu den Indefinit-Pronomina.

Im Gegensatz zum Deutschen verfugt das Ungarische uber kein gesondertes generalisierendes Personalpronomen. Eine unspezifische pronominale Bezugnahme auf Personen und Gegenstande ermoglichen im Ungarischen die Indefinit-Pronomina (z. B. valaki, mindenki, valami), die die gleiche Funktion ausuben, wie ihre deutschen Entsprechungen und nicht generalisierend sind (vgl. Forgacs (2007: 217)).

Die generalisierende Funktion von man kann im Ungarischen wie folgt ausgedruckt werden:

  1. Finites Verb in der 3. Ps. Pl. ohne Nennung eines Subjekts:
    Ma mar maskepp tanitjak a fizikat.
    Heutzutage unterrichtet man die Physik schon anders.
  2. ember (Mensch) mit einem finiten Verb in der 3. Ps. Sg.:
    Az ember sokszor teved.
    Man irrt sich oft.

    (Vgl. Forgacs (2007: 349f.))

morphologische Eigenschaften

Das Pronomen man (Nominativ) ist nicht flektierbar. Akkusativ und Dativ konnen suppletivisch durch die Formen einen/einem des Indefinit-Pronomens ein- ausgedruckt werden. Eine Genitivform ist nicht vorhanden.

syntaktische Eigenschaften

Die Verwendung der Form man ist auf die Subjektfunktion beschrankt und regiert die 3. Person Singular beim finiten Verb im Satz. Sie ist (wie die Form es) prinzipiell nicht betonbar.

Im Unterschied zu Indefinit-Pronomina, die anaphorisch fortgefuhrt werden konnen, ist man nicht durch Personalpronomina anaphorisierbar. Es kann jedoch Bezugsausdruck fur Possessiva und das Reflexiv-Pronomen sein und regiert dann das maskuline (Possessor-)Genus von Possessiv-Pronomen oder Possessiv-Artikel:

Man wartet, bis man (*er/sie) von einem wurdigen Entdecker gefunden wird. [Berliner Zeitung, 18.01.2006]

Man hatte seinen (*ihren) Spa?.

Au?er in der Kombination man selbst ist man nicht zu einer erweiterten Pronominalphrase ausbaufahig.

semantische und funktionale Eigenschaften

Das Pronomen man dient der unspezifischen, generischen (geschlechtsneutralen) Bezugnahme auf Personen. Aussagen mit generischem man konnen je nach Kontext von unterschiedlichem Allgemeinheitsgrad sein:

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.

Bei der heutigen Generation verhalt es sich mit der Kleidung ganz ahnlich: Es geht nicht unbedingt darum, was man tragt, sondern wie man es tragt! Stil und Mut zur Aussage wurde der neutralen Generation nicht schaden. [die tageszeitung, 18.08.2007]

Sie wollte mit einer neuen Eroberung die erste Nacht verbringen. Eng umschlungen steuerte man aufs franzosische Bett zu. Doch da lag die Katze. [Welt online, 10.05.2009]

Von der generischen Verwendungsweise kann auch ein partikularer Gebrauch unterschieden werden, bei dem man wie das Indefinit-Pronomen (irgend)jemand verwendet wird:

Man hat bei uns eingebrochen.

Weiterfuhrende Literatur: Dimova 1981, Zifonun 2000.

Das generalisierende Pronomen man leitet sich aus dem Substantiv Mann ab und hatte ursprunglich die Bedeutung ?irgendein Mann? oder ?jeder beliebige Mann?. Diese Etymologie wurde in der feministischen Diskussion verstarkt ins Bewusstsein gerufen, was dazu gefuhrt hat, dass das generalisierende Pronomen man in feministischen Publikationen bzw. als allgemeine Bezugnahme auf weibliche Personen durch frau ersetzt wird (s. auch die Form jefrau beim Indefinitpronomen) (vgl. Hentschel/Weydt (2003: 253) und Zifonun et al. (1997: 43)).

Wo kriegt frau sonst Verpflegung und Babysitter fur zwolf Franken die Stunde? [Zurcher Tagesanzeiger, 01.07.1996]

Beim Putzen verbraucht frau um die 65 Kilo namlich 252 Kalorien in der Stunde ? das reicht locker fur ein leckeres Stuck Apfelkuchen. [Mannheimer Morgen, 08.01.2008]

In einigen Verwendungen stehen die beiden Formen durch Schragstrich getrennt oder mit und verbunden direkt nebeneinander. In beiden Fallen steht das Pradikat jedoch in der 3. P. Sg., was dafur zu sprechen scheint, dass die unspezifische Bezugnahme auf Personen einfach mit der ?weiblichen? Form erganzt wird, dabei denkt man jedoch an die gleiche Gruppe von Personen. Die unterschiedlichen Verwendungsweisen zeigen auch, dass frau nicht hundertprozentig grammatikalisiert ist und ihre Benutzung oft Unsicherheit verursacht.

Da bemuht man(n)/frau sich, Kindern und Migranten eine halbwegs richtige Sprache beizubringen, damit nicht nur ?denglisches" Sprachgepansch gelernt wird? [Nurnberger Nachrichten, 17.03.2008]

Wo denn da der Spareffekt sei, fragt man und frau sich. [Nurnberger Nachrichten, 14.06.2007]

Das Pronomen frau kann ebenfalls nicht flektiert werden und seine Verwendung ist auf die Subjektfunktion beschrankt. Es kann als Bezugsausdruck fur Possessiva und das Reflexiv-Pronomen sein und regiert dabei die femininen Formen von Possessiv-Pronomen und Possessiv-Artikeln.

? kann frau ihrem Backofen jetzt mit viel spannenderem Inhalt einheizen als Weihnachtsplatzchen. [Mannheimer Morgen, 05.12.2005]

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